Wie ich ein Callboy wurde Teil 4 – Süchtig

Es zog sich wie ein roter Faden durch mein elendes Leben. Bereits als Jugendlicher ging es mir so. Aus diesem Grund hatte ich nie eine Freundin. Verliebt, ja verliebt war ich mehrmals und zwar so richtig. Wenn mir ein Mädchen gefiel, dann voll und ganz und es dauerte stets Monate bis ich mir dessen bewusst und sicher war und ich die ersten Annäherungsversuche unternehmen konnte. Von Erfolg gekrönt war nie einer. Bis heute hat sich daran nichts geändert. Auch nicht als ich für mein Studium in eine andere Stadt zog.

Dafür hatte ich etwas entdeckt, was sehr gefährlich war. Gefährlich nicht im abenteuerlich verstandenen Sinn, sondern gefährlich für mich, denn es ließ mich schrittweise bequem werden. Es zog mich in den Bann, machte mich süchtig und vernichtete meine gesamte, mühevoll erarbeitete finanzielle Existenz. Sex, nahezu zu jeder Zeit, wann immer ich es wollte, ohne viel Smalltalk über langweilige, belanglose Themen führen zu müssen. Ohne Drinks spendieren zu müssen und doch nicht zum Schuss kommen zu dürfen. Ich war abhängig nach Sex mit Escortgirls. Der Reiz des Verbotenen, des womöglich erwischt Werdens und von immer wieder Neuem, fesselte mich, meine Gedanken und meinen Körper.

Wie bei Drogen fühlte es sich fantastisch an! Ein Trip, von dem ich einfach nicht genug bekommen konnte. Mein Verlangen ließ sich nicht unterdrücken und konnte schwerlich gestillt werden. Selten hatte ich ein Mädchen 2x gebucht. Es musste ständig eine Neue sein, eine die ich noch nicht kannte. Immer mehr und in immer kürzeren Abständen. Sie musste schon sehr Besonderes sein, wenn ich sie 2x traf oder es war zu meinem Leidwesen gerade keine andere Dame verfügbar. Nach jedem Trip mit einem unglaublichen Hochgefühl folgte ein noch tieferer Fall. Ein verdammter Teufelskreis.

Eine Menge Frauen kamen für ein oder zwei Stunden zu mir. Unter anderem auch Studentinnen, die in der gleichen Stadt und an der gleichen Universität studierten wie ich. Sie studierten Medizin, Jura, Philosophie, Sport, Chemie oder irgendein Lehramt. Aber nicht nur Studentinnen kamen vorbei. Manche waren arbeitslos, in Karenz und andere wieder voll im Berufsleben. So traf ich Krankenschwestern, Lehrerinnen, Zahnarzthelferinnen, Kellnerinnen, Büroangestellte, Beamtinnen und Fließbandarbeiterinnen. Vereinfacht gesagt ein großer Querschnitt unserer Gesellschaft. Das Altersspektrum reichte von 19 – 40 Jahren. Vom Beziehungsstatus her, gab es ebenfalls alles – ob nun verheiratet, frisch geschieden, in einer Beziehung lebend oder single.

Etliche der Escortgirls waren wirklich sehr hübsch. Genau dieser Umstand machte es für mich so gefährlich. Wie oft hatte ich, nachdem ich meinen ganzen Mut gesammelt hatte, einer Frau an der Bar einen Drink ausgegeben, die bei Weitem nicht so hübsch wie einer der Ladys vom Escortbiz gewesen war, um anschließend nur verarscht zu werden. Natürlich gab es auch bei den Callgirls Enttäuschungen, aber das machte die Sache nur noch reizvoller, denn es war jedes Mal wie ein Blind-Date.

Es war mir bewusst, dass die Escortgirls aus bestimmten Gründen diesen Job machten. Die Gründe mochten vielfältig und diffiziler sein – meistens jedoch ging es ums Geld, um gebrochene Herzen oder um beides. Ein gebrochenes Herz hatte auch sie.

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